Alarm: „Wenn es geht, dann flitz ich Tag und Nacht“

nordbayern.de - 24.08.2012


Eine bestens ausgebildete Truppe: Die Feuerwehr-Frauen, hier elf von 23 Aktiven, sind bei allen Einsätzen voll integriert.
Foto:Maria Däumler

LANGENSENDELBACH - Wenn in Langensendelbach der Feueralarm losgeht, dann lassen viele Frauen alles liegen und stehen: „Wer kann, der rennt“ ist die Devise der 23 Frau starken Damen-Feuerwehr. Egal ob Feuer, Hochwasser oder Unfall – die Frauen sind ganz vorn dabei, als Maschinistin oder Atemschutzträgerin. Sie sind bestens ausgebildet, 16 Feuerwehrfrauen haben gemeinsam die höchste Leistungsprüfung Rot-Gold abgelegt. Das hat es im Landkreis Forchheim noch nie gegeben. Eine bestens ausgebildete Truppe: Die Feuerwehr-Frauen, hier elf von 23 Aktiven, sind bei allen Einsätzen voll integriert.

Aus einer Laune heraus hat Kommandant Willibald Hofmann 1998 beim Karpfenessen die Frauen der aktiven Feuerwehrmänner gefragt, ob sie nicht auch einmal eine Übung machen wollen. Die Frauen ließen sich nicht lumpen: Zehn haben sich spontan dazu bereit erklärt, ein Jahr später ist dann die Damenfeuerwehr mit 17 Frauen gegründet worden. Inzwischen sind 23 der insgesamt 79 aktiven Feuerwehrkräfte Frauen.

Das Gefühl helfen zu wollen oder persönliche Erlebnisse waren für die Frauen der Auslöser, sich in der Feuerwehr zu engagieren. „Bei uns hat in der Nachbarschaft die Bäckerei gebrannt und ich wusste gar nicht was ich machen soll. Ich hab mich hilflos gefühlt“, erzählt Eleonore Nägel, mit 53 Jahren die älteste der Truppe. Es wäre gut, da Bescheid zu wissen, habe sie sich damals gedacht, schließlich seien gerade Frauen tagsüber oft zu Hause und im Ernstfall schnell zur Stelle. Aus diesem Grund hat die Angestellte und „stolze Oma“ auch nicht lange gefackelt, als der Kommandant zur ersten Übung bat.

Früher war die Feuerwehr in Langensendelbach eine reine Männerdomäne. „Natürlich waren die Kollegen erst einmal skeptisch — bis der erste Einsatz kam“, erinnert sich Eleonore Nägel. „Da haben die Männer dann gesehen, dass wir nicht geschont werden, sondern genauso eingesetzt werden wie sie auch“, erzählt die ausgebildete Funkerin. Inzwischen habe sich viel geändert. „Jetzt sind die Leute froh, wenn wir kommen.“

Rund 30 Einsätze im Jahr hat die Feuerwehr Langensendelbach: „Vom tödlichen Unfall bis zum Katastropheneinsatz und immer sind die Frauen voll involviert. Die packen genauso an wie die Männer“, bestätigt Kommandant Willibald Hofmann. Die Maschinistin Monika Erlwein etwa steuert bei Einsätzen das große Feuerwehrauto LF 16, das mit der Rettungsschere ausgerüstet ist. Die 43-Jährige, die mit ihrem Bruder eine Baumschule führt, fährt vom Lastwagen bis zum Radlader alles, was vier Räder hat, verraten ihre Kolleginnen.

Christine Hofmann, 46 Jahre und ebenfalls Maschinistin, ist bei den Einsätzen für die Pumpe und die Wasserversorgung zuständig. Die Gärtnerin (und Frau des Kommandanten) hat außerdem die Kinder-Feuerwehr gegründet und betreut seither die Acht- bis Zwölfjährigen. Werden Atemschutzträger gebraucht, sind beispielsweise Ursula Daut, 46 Jahre, ihre Tochter Ramona Fohrer, 24 Jahre, und Sonja Eger, 33 Jahre, gefragt. „Wenn es geht, dann flitz ich Tag und Nacht“, erzählt die Zahnarzthelferin, die sich nebenher noch um die Fahnen der Feuerwehr kümmert.

Was war der einprägendste Einsatz? Da sind sich die Frauen schnell einig: Das Hochwasser im Juli 2007. „Wenn ich nicht gesehen hätte, wie schnell das Wasser kommt, ich hätte es nicht geglaubt“, sagt Christine Hofmann. Fast jeder war damals persönlich betroffen, hat das eigene Haus versucht zu retten und war daneben noch die ganze Nacht im Einsatz. „Wir haben Keller leergepumpt, Wasser geschöpft und nonstop durchgearbeitet“, erzählen etliche Frauen. Völlig durchnässt, durchgefroren und total erschöpft sei man irgendwann heimgekommen.

Aber auch so mancher schwere, tödliche Unfall hinterlässt tiefe Spuren. „Das ist schon heftig, wenn man das sieht. Die Bilder lassen einen nicht wieder los“, gesteht Eleonore Nägel. „Besonders schlimm ist es, wenn man die Leute auch noch kennt“, weiß Claudia Müller, die Gastwirtin vom „Alten Peter“. Weil ihr Gasthaus montags Ruhetag hat, trainieren die Frauen immer jeden zweiten Montag im Monat. „Wir nehmen so viel Rücksicht wie möglich auf jeden“, sagen die Frauen, die rund um den Tisch im Schulungsraum sitzen.

„Jetzt will der Kapo noch, dass wir die technische Hilfeleistung machen“, erzählen die Frauen. Aber für die Arbeit mit der Rettungsschere brauche man „Muckis“, daher sind viele noch etwas skeptisch. Doch Eleonore Nägel spornt sie an: „Es ist wichtig, dass man weiß, was man zu tun hat.“

Trotz des großen Altersunterschied sei man „ein schöner Haufen“. Die Frauen schätzen den Zusammenhalt untereinander: „Jeder ist für den anderen da“, erzählen sie. Doch es geht nicht nur um Hilfseinsätze, die Frauen feiern auch gerne mal zusammen und unterstützen den Verein: Beim Grillfest etwa stehen sie früh ab 6 Uhr in der Küche und bereiten einen Zentner Kartoffelsalat vor.

Willibald Hofmann ist riesig stolz auf die Damenfeuerwehr. Vor einigen Wochen haben 16 Frauen gemeinsam die höchste Leistungsstufe Rot-Gold absolviert, das habe es Landkreis Forchheim noch nie gegeben, hat er herausgefunden. Das hat auch Kreisbrandinspektor Johannes Schmitt bestätigt. Und noch was hat der Kommandant festgestellt: „Seit wir die Damen-Feuerwehr haben, hat sich der Übungsfleiß der Männer gesteigert.“ Außerdem gebe es auch in der Jugendwehr viel mehr Mädchen. Sein klares Fazit: „Insgesamt ist das eine sehr positive Entwicklung.“